Freitag, 21. Juni 2013

Zwischen dem Befolgen des Beweises und dem Taqlid der Imame

بسم الله الرحمن الرحيم

Von dem ehrenwerten Schaykh
Sulayman bin Nasir Al-‘Alwan (Möge Allah ihn bewahren)


 
Alles Lob gebührt Allaah
Es haben einige Brüder gefragt:
Was ist das Urteil, wenn sich Zwei über eine Angelegenheit im Fiqh diskutieren? Steht jeden von ihnen zu den Imam von ihrer Madhab zu befolgen? Oder ist es für ihn verpflichtend nach der Wahrheit zu suchen und was den Beweis bestätigt? Bitte gibt uns eine Fatwa und möge Allah euch die beste Belohnung geben.
So hab ich geantwortet:
Wenn es in der Angelegenheit keinen deutlichen Beweis gibt und wenn das Urteil auf einen Ijtihad1 gebaut ist, so soll der Muslim demjenigen folgen, den er von den gelehrtesten und gottesfürchtigsten Menschen sieht; darin gibt es keine Bedrängnis für ihn.
Aber wenn es in der Angelegenheit einen Beweis gibt, so ist es für den Muslim nicht erlaubt das zu nehmen, was sein Imam gesagt hat, wenn es dem Beweis widerspricht. Vielmehr ist es eine Pflicht für ihn die Aussage seines Imam zu lassen, wer auch immer es sein mag, wenn ihn der Beweis erreicht hat; denn dies ist eine Pflicht für die gesamte Schöpfung.
Die Aussagen der Gelehrten werden nicht als Beweis genommen, sondern müssen mit einem Beweis bestätigt werden; und man nimmt sie als Hilfe in dem Verstehen der Texte und der Darstellung der Angelegenheit usw.
Jedoch ihre Aussage als ein Beweis über Allahs Worte und die Worte Seines Gesandten zu nehmen, so hat dies keiner von den A‘immah2 gesagt, vielmehr widerspricht dies dem Buch, der Sunnah und dem Ijma‘3.
Und Allah, der Erhabene, befahl Seinem Buch zu folgen und Seinem Gesandten  zu gehorchen in vielen Stellen im Qur‘an; so sagte Er, Erhaben ist Er: {Und gehorcht Allah und dem Gesandten, auf dass ihr Erbarmen finden möget!} [3:132]; und Er sagt: {Sag: Gehorcht Allah und gehorcht dem Gesandten.} [24:54]; und Er sagt: {So sollen diejenigen, die Seinem Befehl zuwiderhandeln, sich vorsehen, daß#ss nicht eine Versuchung sie trifft oder schmerzhafte Strafe sie trifft.} [24:63]; und Er sagt: {O die ihr glaubt, gehorcht Allah und Seinem Gesandten, und kehrt euch nicht von ihm ab, wo ihr doch hört! Und seid nicht wie diejenigen, die sagen: “Wir hören”, wo sie doch nicht hören! Gewiß, die schlimmsten Tiere bei Allah sind die tauben und stummen, die nicht begreifen’.} [8:20-22]
Und die vier Imame, Möge Allah sie erbarmen, haben ihre Schüler angeordnet keinen Taqlid zu tun und ihnen verpflichtet den Beweis zu nehmen, denn dies ist die notwendige Pflicht auf alle Muslime. Wenn ihm also ein Beweis klar wurde, so ist es
1 Die Bemühung ein islamisches Urteil zu fällen
2 Plural von Imam
3 Konsens der Sahabah
3 Zwischen dem Befolgen des Beweises und dem Taqlid der Imame
Pflicht ihm zu folgen und alles andere zu lassen; der Erhabene sagt: {Folgt dem, was zu euch von eurem Herrn herabgesandt worden ist, und folgt außer Ihm keinen (anderen) Schutzherren! Wie wenig ihr bedenkt!} [7:3]
Und Allah bezeugt die Rechtleitung für denjenigen, der Seinem Gesandten  gehorcht; wie in Surah al-Nur: {Wenn ihr ihm gehorcht, seid ihr rechtgeleitet.} [24:54]
Wer jedoch den Beweis lässt wegen der Aussage von Abu Hanifah, Malik, Asch-Schafi’i und Ahmad (ibn Hanbal) so widerspricht er dem Fundament, worauf die Muslime sich geeinigt haben.
Imam Asch-Schafi’i, Möge Allah sich ihm erbarmen, sagte: „Die Muslime sind sich einig (Ijma‘), dass derjenige, dem die Sunnah des Gesandten Allahs  klar geworden ist, so darf er es nicht wegen der Aussage von Irgendjemand lassen.“
Und Imam Malik, Möge Allah sich ihm erbarmen, sagte: „Die Aussagen von jedem nach dem Propheten werden entweder genommen oder gelassen, außer der Prophet  (so wird von ihm genommen und nicht gelassen).“
Und was einige Leute tun, die fanatisch zu ihrem Madhab-Imam festhalten, so ist dies eine Zuwiderhandlung der der Salaf und der A‘immah der Madhahib4; denn sie sind sich einig, dass der Taqlid und der Fanatismus tadelnswert ist. So ist die Pflicht des Muslims, dass er den Beweis unterstützt und danach handelt, egal ob er mit dem Maliki, dem Hanafi, dem Schafi’i, dem Hanbali oder mit dem Dhahiri oder anderen ist. Allah hat die Wahrheit nicht in diesen Madhahib begrenzt, denn sie verfehlen und treffen und sie sind nicht frei von Fehler und Mängel.
Imam Asch-Schafi’i sagte: „Es gibt keinen außer dass ihm die Sunnah des Gesandten entgeht; was auch immer ich gesagt habe oder eine Grundlage fundiert habe, welches dem Gesandten Allahs  widerspricht, so ist die (richtige) Aussage, was der Gesandte Allahs gesagt hat und das ist meine Aussage.“
Die A‘immah, Möge Allah sich ihrer erbarmen, haben in vielen Angelegenheit verschiedene Meinungen, wie bzgl. der Reinheit, des Gebets, der Zakah, dem Fasten, dem Hajj, dem Handel und Scheidung und anderen Themen. Aber keiner von den Leuten des Wissens sagte, dass es erlaubt sei von den Madhahib zu nehmen was man möchte ohne den Beweis zu betrachten; hiermit ist nur der Muqallid5 ausgeschlossen, der nicht die Möglichkeit hat den Beweis zu kennen.
Wenn es für jeden Muslim erlaubt wäre die Meinung oder Aussage zu nehmen, die er möchte und begehrt, dann wäre die Religion diese Madhahib und es gäbe keinen großen Nutzen mehr im Quran und der Sunnah; wir suchen Zuflucht davor bei Allah.
4 Plural von Madhab
5 Jemand, der Taqlid macht
4 Zwischen dem Befolgen des Beweises und dem Taqlid der Imame
So sage ich das, worauf sich die Muslime geeinigt haben: Die Angelegenheiten, worin es Meinungsverschiedenheiten gibt, müssen zum Quran und der Sunnah zurückgebracht werden mit dem Verständnis der Salaf und dem Betrachten ihrer Aussagen und Ijtihadat6 und das bevorzugen, wo der Beweis überwiegt.
Einige Beispiele hierfür sind:
Die Gelehrten sind sich uneinig über einige Urteile der Annulierer des Wudu; und sie haben eine Meinungsverschiedenheit ob das Essen von Kamelfleisch oder das Berühren der Frau ohne Geschlechtsverkehr oder ob das, was aus dem Körper außer den zwei Ausgängen heraustritt, den Wudu bricht; und einige Fuqaha‘ bringen dies zum Ausdruck mit ihrer Aussage: „Das Unreine, was aus dem Körper heraustritt.“ So hat jeder Imam eine Aussage in dieser Angelegenheit. Der Madhab der drei Imame Malik, Abu Hanifah und Asch-Schafi’i sind der Meinung, dass das Kamelfleisch nicht den Wudu bricht; und der Madhab von Ahmad ist, dass es den Wudu bricht, und dies wählte auch Ibn Hazm.
Und die richtige Meinung darin ist der Madhab von Ahmad, denn hierin gibt es zwei authentische Überlieferungen über den Gesandten Allaahs, die darauf hinweisen, dass das Kamelfleisch den Wudu bricht; ein Beweis ist der Hadith von Jabir ibn Samurah in Sahih Muslim und der andere Beweis ist der Hadith von Al-Baraa‘, der von Abu Dawud und Tirmidhi und anderen überliefert wird.
Was das Berühren der Frau mit der Hand oder einem Kuss betrifft, so ging Al-Schafi’i zu der Meinung, dass das Berühren der Frau mit oder ohne Lust den Wudu bricht; und Abu Hanifah war der Meinung, dass das Berühren, sogar mir Lust, nicht den Wudu bricht; und Malik und eine Überlieferung von Ahmad sagen, dass es nicht den Wudu bricht außer mit Lust.
Derjenige, der über die Beweise in dieser Angelegenheit nachsinnt und nachdenkt, findet, dass der Madhab von Abu Hanifa diesbezüglich am richtigsten liegt und dies ist auch eine (andere) Überlieferung von Ahmad; Schaykhul-Islam7 wählte diese Meinung. Denn es gibt keinen Beweis, der darauf hinweist, dass das Berühren der Frau, ob mit oder ohne Lust, den Wudu bricht. Und Al-Bara’ah al-Asliyyah (die fundamentale Unschuld) ist ein Beweis von den Beweisen, welches berücksicht werden muss. So ist der Madhab der Ahnaf8 offensichtlicher als andere in dieser Angelegenheit. Es wird über den Propheten  überliefert, dass er (seine Frau) küsste und zum Gebet hinaus ging, und es wurde nicht erwähnt, dass er Wudu machte und im Hadith wird auch nicht erwähnt, dass es ohne Lust war; so weist es auf die allgemeine (Bedeutung) hin, außer dass die Authentizität näher betrachtet werden muss; so hat Abu Dawud, At-Tirmidhi und Ibn Majah über Waqi‘ von Al-‘Amasch von Habib ibn Abi Thabit von ‘Urwah von
6 Plural von Ijtihad
7 Schaykhul-Islam Ibnu Taymiyyah (Möge Allah sich seiner erbarmen)
8 Plural von Hanafi
5 Zwischen dem Befolgen des Beweises und dem Taqlid der Imame
‘A’ischah überliefert, und darin gibt es eine ‘illah9, denn Habib hörte (den Hadith) nicht von ‘Urwah; jedoch gibt es diesbezüglich einen anderen Hadith, der authentisch ist, und Allah weiß am besten.
Und was das betrifft, was aus dem Körper herauskommt, wie z.B. Blut usw., so ist der Madhab von Ahmad, dass es zu den Annullieren des Wudu gehört. Und der Madhab von Al-Schafi’i ist, dass es nicht den Wudu bricht; und dies ist korrekt. Und dies ist auch die Aussage von Malik und eine Überlieferung von Ahmad, welches von Ibn Taymiyyah und anderen Gelehrten bekräftigt wird. So wird kein Beweis überliefert, dass das, was aus dem Körper außer den zwei Ausgängen heraustritt, den Wudu bricht.
Diese Beispiele habe ich nur erwähnt, damit man weiß, dass die Wahrheit nicht auf einen Gelehrten, einer Gruppe oder einen bestimmten Madhab begrenzt ist, und dass der Muslim nicht befohlen wurde einen bestimmten Madhab zu befolgen. Nein, vielmehr fordert und sucht er die Wahrheit und jeder Madhab beinhaltet Falsches und Richtiges.
So hat der Hanbali vieles von der Wahrheit in vielen Angelegenheiten, und genauso der Schafi’i, der Maliki und der Hanafi, und Imam Ibn Hazm hat sich in einigen Angelegenheiten gegenüber den vier Imamen unterschieden und die Wahrheit war mit ihm. Die Imame können in dem Erlangen der Beweise Fehler begehen, wie die Unterscheidung der authentischen von den schwachen Überlieferungen, und dem Nasikh von dem Mansukh10, und den allgemeinen von den beschränkten Urteilen. Der Wahrheitssuchende befolgt den, der mit der Wahrheit übereinstimmt, ohne Vorurteile; und er lehnt das Falsche ab ohne sie zu verleumden oder ihre Stufe zu vermindern, weil sie Mujtahidun11 sind, und entweder eine oder zwei Belohnungen bekommen.
Nichtdestotrotz ist es für keinen verpflichtend einen von ihnen zu folgen, und wer dies behauptet ist weit abgeirrt. Denn es ist nicht verpflichtend jemanden außer dem Propheten zu befolgen, denn seine Aussage ist wahr und er redet nicht aus eigener Neigung. Was die Gelehrten und Imame betrifft, so wird von ihnen nur das genommen, was mit der Wahrheit übereinstimmt. Diese Angelegenheit ist eine große und wichtige Angelegenheit, die nur in einem Herzen eindringt, welches Allah rechtgeleitet hat und vor dem Übel der eigenen Seele bewahrt hat.
Wie viele selbsternannte Gelehrte, die mit Bücherschreiben beschäftigt sind, sind in den vernichtenden Fanatismus und dem blinden Taqlid gefallen; und er wird wütend, wenn seinem Imam widersprochen wird, und nicht für den Quran und nicht für die Sunnah des Gesandten Allahs.
9 ‘illah = Ein versteckter Fehler, der die Authentizität des Hadith beeinträchtigt
10 Nasikh und Mansukh = auhebende und aufgehobene Urteile der Schari‘ah
11 Plual von Mujtahid
6 Zwischen dem Befolgen des Beweises und dem Taqlid der Imame
Der Erfolgreiche ist der, der das Buch Allahs und die Sunnah Seines Gesandten  über jede andere Aussage stellt; egal wer ihm widerspricht oder ihn als Erneuerer sieht. So ist die Sitte und Gewohnheit der Muqllidun und der Fanatiker, dass sie jeden, der ihnen widerspricht, als Erneuerer oder als Irregehenden sehen. Dies ist so bei jedem, der von der Wahrheit und dem geraden Weg abgewichen ist; da er nicht fähig ist den Beweis zu erbringen, flüchtete er zu diesen Taten.
Und der Quran und die Sunnah weisen darauf hin, dass die Wahrheit seine Feinde hat, die davon abhalten und es verbieten, und mit verschiedenen, erfundenen Vorlagen kommen, die ihren Gelüsten und Vorstellungen passen.
Für den Befolger der Wahrheit ist es eine Pflicht, dass er sich für die Wahrheit, auf der er sich befindet, bewegt und dazu aufruft, denn Allah ist sein Helfer und Unterstützer solange er die Religion aufrichtig unterstützt; und Allah bleibt sein Beschützer solange er in diesem Zustand bleibt. Der Erhabene sagt: {Diejenigen aber, die sich um Unsertwillen abmühen, werden Wir ganz gewiss Unsere Wege leiten. Und Allah ist wahrlich mit den Gutes Tuenden.} [29:69] und Er, Erhaben ist Er, sagt: {O die ihr glaubt, wenn ihr Allah(s Sache) helft, hilft Er euch und festigt eure Füße.} [47:7] und wen Allah unterstützt, so ist Er sein Genüge gegenüber dem Übel der Feinden.
Jedoch wird die Hilfe erst kommen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind:
1. Die Aufrichtigkeit zu Allah, dem Erhabenen, in Wort und Tat
2. Die Befolgung des Propheten 
Wenn nun diese beiden Bedingungen erfüllt sind, so kann niemand ihn besiegen, auch wenn sich die gesamte Menschheit von Ost und West gegen ihn versammelt; Allah, der Erhabene, sagt: {Wenn Allah euch zum Sieg verhilft, so kann euch keiner besiegen. Doch wenn Er euch im Stich lässt, wer ist es denn, der euch dann, nach Ihm, noch helfen könnte? Und auf Allah sollen sich die Gläubigen verlassen.} [3:160]
Und alles Lob gebührt Allah dem Herrn der Welten.

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